BGH: Vorlage an EuGH hinsichtlich Auskunftsanspruch gegen YouTube

Urheberrecht

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Einmal mehr ruft der BGH den EuGH zum Urheberrecht auf YouTube an

Der Unterhaltungskonzern Constantin ist bekannt dafür, die Rechte an seinen Filmen robust zu verteidigen. Damit erzielte er im Sommer 2017 vor dem OLG Frankfurt (Urteil vom 22.08.2017 Az. 11 U 71/16) einen beachtlichen Teilsieg gegen YouTube. Das Berufungsgericht gestand dem klagenden Filmunternehmen zu, die hinter einem YouTube-Kanalbetreiber, welcher sich unter einem Benutzer-Pseudonym registriert hatte, liegende E-Mail Adresse im Wege der Auskunft heraus zu verlangen. Der Nutzer hatte verschiedene Filme, deren Rechte exklusiv bei Constantin lagen, zum öffentlichen Streaming auf die Plattform hochgeladen. Eine Herausgabe von Telefonnummern und IP-Adressen wollte dass Gericht der verletzten Filmproduzentin nicht zugestehen. Das Auskunftsverlangen hinsichtlich der E-Mail Adresse sah das Gericht jedoch von § 101 Absatz 3 Nr. 1 UrhG gedeckt.

In Revision muss sich dieser Tage der BGH abermals mit dem Auskunftsstreit beschäftigen. Am 21.02.2019 hat er nun, wie inzwischen eingespielter Brauch, die Sache dem EuGH vorgelegt (Beschluss vom 21.02.2019 Az. I ZR 153/17). Der BGH wünscht sich von den EU-Richtern eine Aussage über die Reichweite des Adressenbegriffs im urheberrechtlichen Auskunftsanspruch. Konkret geht es um Artikel 8 Absatz 2 a) der Enforcement Richtlinie 2004/48/EG.

Schon diverse Male, zuletzt in unserem Vorwort zum ALBA PATERA Jahrbuch 2018, hatten wir darauf hingewiesen, dass die in den letzten Jahren wachsende Vorlageeuphorie des höchsten deutschen Zivilgerichts in Richtung Luxemburg, insbesondere im Urheberrecht, zunehmend an Akzeptanzgrenzen stößt. Es muss erlaubt sein, diese Praxis des BGH gerade bei den aktuellen YouTube-Verfahren zu hinterfragen.

Natürlich lässt sich schnell argumentieren, eine nationalstaatliche Rechtsprechung zu YouTube habe immer auch Relevanz für den Gemeinsamen Markt. Doch steckt hinter der „Flucht in den Vorlagebeschluss“ nicht tatsächlich eine zunehmende Unlust des BGH, Urheberrecht auf Basis geltenden Rechts zu entscheiden? Freilich gilt nach Artikel 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der EU (AEUV), dass bei Auslegungszweifeln über die Unionsverträge der EuGH immer dann zwingend angerufen werden muss, wenn der nationale Instanzenzug erschöpft ist. Das Vorabentscheidungsverfahren soll die Einheitlichkeit der Rechtsprechung der Gerichte der Mitgliedstaaten im Hinblick auf das EU-Recht gewährleisten, was ja grundsätzlich nichts Schlechtes ist.

Sind aber Richtlinien einmal in nationales Recht umgesetzt, so steht es den nationalen Gerichten grundsätzlich zunächst einmal zu, ein Verfahren auf Basis dieser nationalstaatlichen Umsetzung zu Ende zu führen. Ganz besonders gilt dies für Fälle eines acte-clair. Gerade bei den YouTube-Vorlagen scheint es indes so, als ginge es nicht primär um die Auslegung bestimmter EU-Vorschriften, sondern vielmehr darum, in einer Phase voller Unruhe und teils bitteren Streits über neue Haftungsregeln für die US-Plattform in Brüssel, Zeit zu gewinnen und bloß nichts zu entscheiden, was dem politischen Prozess der Gesetzesbeschlussfassung im EU-Parlament vorgreifen könnte. Wäre Letzteres aber die wahre Motivation in Karlsruhe, so kann man dies durchaus als ein Parkmanöver interpretieren, welches die Judikative de lege lata versus de lege ferenda vor antizipierten Entwicklungen in der Legislative einknicken lässt.  

Wie man es am Ende auch wertet: Wir können es kaum abwarten, dass der EuGH sich nun endlich zu den verschiedenen deutschen Vorlagebeschlüssen in Sachen YouTube äußert. 

Praxistipp: Vorlagebeschlüsse deutscher Gerichte an den EuGH dürfen stets auf ihre Recht- und Zweckmäßigkeit hinterfragt werden.

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