Sampling: Bald EuGH-Schützenhilfe für den BGH?

Urheberrecht

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„Knall auf Fall bei Metall auf Metall?“
Vielleicht weist der EuGH das BVerfG jetzt in Schranken aus Metall

Im Mai 2016 hatte es in Karlsruhe einen großen Knall auf „Metall auf Metall“ gegeben. Unter Musikproduzenten wie Urheberrechtlern hatte die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in der Beschwerde des Moses Pelham gleichermaßen hohe Frequenzwellen geschlagen. Denn seit der Erfindung des Samplings, der musikalischen Neuverarbeitung von kleinen Tonschnipseln vorbestehender Aufnahmen, ein Trend, der in den achtziger Jahren durch Hip-Hop und elektronische Musikrichtungen wie House in den USA an Fahrt in Richtung Massenmarkt aufgenommen hatte, war es in der Musikindustrie eigentlich Gang und Gebe gewesen ein sogenanntes „Sample Clearing“ durchzuführen. Der Originalhersteller der Tonaufnahme wurde ausfindig gemacht und die Samplenutzung gegen ein Pauschalgeld oder eine kleine prozentuale Beteiligung an Schallplattenverkäufen vertraglich lizenziert. Nur der Querdenker Moses P. hatte sich diesen Weg nach Köln, wo die Band Kraftwerk beheimatet war, gespart. Ein kleiner Beat von zwei Sekunden im Loop. Wird schon keiner merken, hatte sich Herr Pelham möglicherweise gedacht. Nachdem der Bundesgerichtshof ihm mit seiner Entscheidung einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte (BGH Urteil vom 13.12.2012, Az. I ZR 182/11), fühlte sich Moses P. in seiner künstlerischen Freiheit nach Artikel 5 Absatz 3 GG verletzt und rief das Verfassungsgericht an.

Durchaus überraschend legte dies den absoluten Tonträgerherstellerschutz gegen unerlaubte Vervielfältigung nach den §§ 85, 97 UrhG methodologisch derart restriktiv aus, dass im Grunde eine Entscheidung contra legem dabei herauskam. Denn in seinem Urteil vom 31.05.2016 in der Sache 1 BvR 1585/13 erklärte das BVerfG, dass ein Sampling von wenigen Sekunden, welches zu einem völlig neuen Werk führe, vom Tonträgerhersteller aufgrund der vorrangigen Kunstfreiheit des übernehmenden Tonproduzenten möglicherweise auch ohne Lizenz oder durch eine gesetzliche Zwangslizenz zu dulden sei. § 85 UrhG sei insoweit im Lichte einer Erlaubnis freier Nutzungen nach § 24 UrhG zu sehen. Moses Pelham war glücklich, die Musikindustrie entsetzt. Die Labels fühlten sich wie ein Elektromarkt, der bei Einbruch zwar den Diebstahl von Kühlschränken und Flachbildfernsehern anzeigen dürfe, sich aber bei dem Klau von ein paar Leuchtmitteln oder Batterien zukünftig doch wohl bitte nicht so anstellen solle. Schließlich würde ja in dem Elektromarkt das Licht nicht dadurch ausgehen, dass die geklaute Birne in der Lampenfassung des Einbrechers künftig ein Zuhause fände. Das BVerfG argumentierte, Kraftwerk seien ja durch das Sample von Herrn Pelham keine Schallplattenverkäufe verloren gegangen. Dass aber das Tonträgerherstellerrecht dessen Inhaber umfassend schützt und auch geldwerte Nutzungslizenzen jenseits von Plattenverkäufen fördert, stellte das BVerfG zurück. Zumindest einen Verbotsanspruch sah es als übertrieben an.

Einen letzten Rettungsanker sah der überstimmte BGH nach Zurückverweisung des BVerfG in der Anrufung des EuGH. Dort hat nun der Generalanwalt Maciej Szpunar in seinen Schlussanträgen vom 12.12.2018 in der Rechtssache C-476/17 klargestellt, dass für eine Einschränkung des Eigentumsrechts an der Originaltonaufnahme durch die Kunstfreiheit kein Raum sei. Dies ist ein klares Votum gegen die Spruchpraxis aus Karlsruhe. Nur selten entscheidet der EuGH gegen die Anträge des Generalanwalts und so bleibt zu hoffen, dass der Lizenzierungspraxis bei Samples - und seien diese noch so kurz - durch den EuGH bald neues Leben eingehaucht wird. Wir werden über den Ausgang des Verfahrens berichten. Dieses endet freilich nicht mit dem Richterspruch des EuGH sondern erst, wenn der BGH sodann rechtskräftig nach den Leitlinien der EuGH Rechtsprechung entscheiden darf.

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