Wie verhalte ich mich zur Corona-Krise bei der Arbeit?

Arbeitsrecht

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“Will ich, kann ich, darf ich oder etwa nicht zur Arbeit?”
Was anlässlich der Corona Pandemie aktuell im Arbeitsrecht zu beachten ist

Täglich gibt es Neuigkeiten. Wir empfehlen, dass Sie sich durch die Flut an Informationen mit Hilfe weniger gezielter und seriöser Auskunftsquellen navigieren. Wir können nur einen bescheidenen Beitrag zur akuten Coronavirus Krise leisten. Hier die wichtigsten arbeitsrechtlichen Fragen und Antworten im Überblick:

Muss ich derzeit überhaupt noch zur Arbeit gehen?

Ja, solange der Arbeitgeber nicht ausdrücklich durch eine Home-Office Regelung oder sonstige Freistellung von der Anwesenheitspflicht befreit hat. Auch in derzeitigen Notstandsgebieten, wie zum Beispiel Bayern, gilt eine Ausgangssperre nicht für den Weg zur Arbeitsstätte.

Was ist, wenn ich Kinder habe und diese zwingend betreuen muss, weil die Kindergärten und Schulen geschlossen sind?

Suchen Sie zunächst das Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber. Es kann hier durchaus eine gerechtfertigte vorübergehende Verhinderung zur Leistungserbringung vorliegen, § 275 Abs. 3 BGB. Auch der Anspruch auf Lohn entfällt bei einer vorübergehenden Verhinderung nicht unbedingt, § 616 BGB, es sei denn, dies ist durch Vereinbarung ausdrücklich geregelt.

Was passiert, wenn der Arbeitgeber Kurzarbeit verkündet?

Kurzarbeit ist zunächst nicht ohne weiteres ein einseitiges Anordnungsrecht des Arbeitgebers. Er muss dies zunächst bei der Arbeitsagentur anmelden. Hier gelten anlässlich der Corona Krise neue Vorschriften, die dem Arbeitgeber die Anmeldung von Kurzarbeit bereits bei geringerem Wegfall von Kapazitätsbedarf ermöglicht. Es genügt inzwischen der Arbeitswegfall für zehn Prozent der Belegschaft, vorher waren es ein Drittel. Die Kompensationszahlungen, welche dem Arbeitnehmer anlässlich der Gehaltskürzungen durch die Arbeitslosenversicherung zustehen, regelt das SGB III sehr detailliert. Sie sollten aber beachten, dass das Ausfallgeld nicht zu hundert Prozent, sondern nur zu sechzig Prozent, oder bei Kindern im Haushalt zu zwei Drittel des vollen Ausfallohns gezahlt wird.

Kann der Arbeitgeber jetzt einfach kündigen?

Dies Frage stellt sich  vor allem bei Betrieben, die derzeit zu mehr oder weniger hundert Prozent von den Anordnungen betroffen sind, also Restaurants, Tanzlokale, aber nun auch Einzelhändler. Die Antwort lautet zunächst einmal: Nein. Ein Kündigungsrecht hat auch in dieser Krise der Arbeitgeber nur, wenn er dringende betriebliche Gründe nachweist. Diese Nachweispflicht entfällt bei Kleinbetrieben mit maximal zehn Mitarbeitern oder für Kündigungen in der Probezeit. Kann das größere Unternehmen im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes allerdings nachweisen, dass der Betrieb nachhaltig und endgültig eingestellt wird, zum Beispiel weil eine Prognose eine Wiedereröffnung unwahrscheinlich macht (dies ist derzeit nicht der Fall!) oder weil die Krise das Unternehmen existenzvernichtend in die Betriebsaufgabe führt (auch dies dürfte derzeit aufgrund staatlicher Ausfall- und Kreditzusagen nicht der Fall sein), dann liegt ein betriebsbedingter Grund zur Kündigung vor. Auch eine unternehmerische Entscheidung zur Reduzierung der Arbeitskapazitäten, zum Beispiel durch dauerhaft geänderte Öffnungszeiten im Einzelhandel, kann nach dem Kündigungsschutzgesetz gerechtfertigt sein und zu einem wirksamen Stellenabbau führen.  

Was muss ich beachten, wenn ich ein Covid-19-Verdachtsfall bin?

Sind Sie selbst Adressat einer behördlichen Maßnahme, wie zum Beispiel eines Tätigkeitsverbots oder Quarantäne, kann der Lohnanspruch trotzdem fortbestehen. Aus Sicht des BGH kann in einem solchen Fall ein vorübergehender, in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund nach § 616 BGB bestehen. Die Dauer der Entgeltfortzahlung hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, dürfte aber über den Zeitraum der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, also sechs Wochen, nicht hinausgehen, BGH Urteil vom 30. November 1978, III ZR 43/77. Ungeklärt ist bisher, ob dieser Lohnfortzahlungsanspruch auch besteht, wenn das Unternehmen nachweisen kann, dass Sie sich grob fahrlässig in den Verbotszustand versetzt haben, z.B. indem sie entgegen behördlicher Empfehlungen in Risikogebiete gereist sind. Der Anspruch auf Lohnfortzahlung dürfte in diesen Fällen entfallen.

Was passiert, wenn der öffentliche Nahverkehr es mir praktisch unmöglich macht, zur Arbeit zu kommen?

Vergessen Sie zunächst nicht, Ihren Arbeitgeber sofort über die Umstände zu informieren. Denn das Risiko, pünktlich zur Arbeit im Betrieb zu erscheinen, liegt beim Arbeitnehmer. Man nennt dies das sogenannte „Wegerisiko“. Vermeiden Sie auch Diskussionen darüber, ob die Zurücklegung des Weges Ihnen noch zumutbar ist oder nicht. Solange Verkehrsmittel für Pendler irgendwie zur Verfügung stehen, müssen Sie diese auch nutzen, soweit kein behördliches Verbot vorliegt. Wenn Sie aufgrund einer ganz individuellen persönlichen Risikoentscheidung nicht zur Arbeit erscheinen, weil Ihnen der Weg zur Arbeit zu riskant vorkommt, laufen Sie Gefahr den Lohnanspruch zu verlieren und auch abgemahnt oder letztlich sogar gekündigt zu werden.

Was gilt, wenn mir die hygienischen Vorschriften oder Zustände am Arbeitsplatz nicht geheuer sind, weil z.B. zu viele Menschen in der Büroküche ihren Tee kochen?

Auch hier gilt: Sprechen Sie als Erstes direkt Ihren Vorgesetzten oder Arbeitgeber an. Das einseitig entschiedene Verlassen des Büros kann arbeitsrechtliche Konsequenzen haben. Wenn Sie eine gesundheitliche Notlage für sich sehen, zeigen Sie diese dem Arbeitgeber klar an und dokumentieren Sie die Zustände. Nur wenn tatsächlich eine Unzumutbarkeit gegeben ist, kann Ihr Leistungsverweigerungsrecht nach § 275 Abs. 3 BGB greifen. Hat der Arbeitgeber diese Unzumutbarkeit zu vertreten, so kann auch ein Lohnfortzahlungsanspruch bestehen.

Unser Praxistipp: Keine Panik aber sachlich fundierte Achtsamkeit! Als Arbeitnehmer sollten Sie die jetzige Situation nicht ausnutzen, um einfach mal so zuhause zu bleiben. Als Arbeitgeber sollten Sie gesundheitliche Fürsorgepflichten für Ihre Beschäftigten sehr ernst nehmen und den behördlichen Empfehlungen auf jeden Fall tagesaktuell folgen. Bleiben Sie gesund!  

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