Straßenfotografie: Bundesverfassungsgericht entscheidet zugunsten des Persönlichkeitsrechts

Kunsturheberrecht

Kunsturheberrecht

„Nein Danke, ich möchte mich nicht sehen!“
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) betont im Spannungsfeld zwischen Kunstfreiheit und Persönlichkeitsrecht den Anspruch des Menschen auf Privatheit.

Unter Juristen ist die „Schaukeltheorie“ im Verfassungsrecht ein bekanntes Instrument, um miteinander kollidierende Grundrechte für eine interessengerechte Lösung gegenseitig abzuwägen.

Was geht vor? Das Recht auf künstlerische Entfaltung oder der Wunsch eines durch die Kunst Betroffenen, in Ruhe gelassen zu werden? Man schaukelt die Argumente für das eine und andere Grundrecht solange hin und her bis eine sachgerechte Einzelfallentscheidung möglich ist. Es geht kurzum um das „überwiegende Interesse“ im Lichte der Grundrechte.

Das BVerfG hat in seiner Nichtzulassungsentscheidung vom 08.02.2018 (Az. 1 BvR 2112/15) im Falle einer künstlerisch motivierten Straßenszenenfotografie jetzt entschieden, dass eine mit dem Gesicht erkennbare Privatperson, deren Körper etwa ein Drittel einer fotografierten Straßenszene einnimmt, eine Zuschaustellung dieses Fotos im öffentlichen Raum nicht dulden muss. Es hat damit festgestellt, dass § 22 Satz 1 Kunsturhebergesetz (KUG) als Ausformung des allgemeinen Persönlichkeitsschutzes Vorrang vor § 23 Absatz 1 Nr. 4 KUG als Teil der Kunstfreiheit genießt, wenn es dem Künstler nicht verwehrt ist, sein künstlerisches Ziel auf andere Weise zu erreichen.

Im Einzelfall lag die Besonderheit hier darin, dass das Foto über einen längeren Zeitraum an einer der verkehrsreichsten Straßen Berlins auch für ein nicht-kunstinteressiertes Millionenpublikum zur Schau gestellt war. In ihrer Schaukelabwägung meinten die Verfassungsrichter allerdings, dass auch zukünftig Kunst, die situativ bedingt Privatpersonen ohne Einwilligung einbinde, nicht per se in Galerien, Museen oder ähnliche räumlich begrenzten Ausstellungsorten zu verbannen sei. Diese Abwägung lässt Raum für sachgerechte Einzelfallentscheidungen und weitere Kasuistik, die auch für das Internet zunehmend eine Rolle spielen wird.     

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