Freie Wahl des Gerichts bei Urheberverletzungen aus dem Ausland

Urheberrecht, Prozessrecht

Urheberrecht, Prozessrecht

“Dann treffen wir uns halt bei mir!”
Urheberrechtsverletzungen ausländischer Anbieter können regelmäßig vor deutschen Gericht geahndet werden

Im Ausland erfreut sich die Verletzung von Urheberrechten weiterhin großer, wenngleich trauriger Beliebtheit. Manchmal geht es dabei kriminell zu, oft aber auch nur unbedarft und fahrlässig. Nicht überall auf der Welt nimmt man es mit dem Schutz des Geistigen Eigentums so genau wie in Mitteleuropa. Unerlaubt bleiben diese Hostings von nicht lizenzierten Inhalten nach deutschem Urheberrecht gleichwohl durchweg und da sie für das Publikum in Deutschland regelmäßig im Netz abrufbar sind, sei es auf YouTube, Vimeo oder bei sonstigen Anbietern, ist der Weg zur deutschen Gerichtsbarkeit nach § 32 ZPO eröffnet. 

Relevant ist insoweit vor allem eine BGH-Rechtsprechung aus dem Jahr 2016, da der BGH zu diesem Zeitpunkt das besondere Erfordernis eines sogenannten „Inlandsbezugs“ aufgab. Vorher war die Begründung eines deutschen Gerichtstands nur möglich, wenn der Verletzte nachweisen konnte, dass sich die, seine Rechte verletzende, Verbreitung im Internet zielgerichtet an ein deutsches Publikum gerichtet hatte. Mit Urteil vom 21.04.2016, Az I ZR 43/14, entschied der BGH vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH nun:

„Der Erfolgsort einer unerlaubten Handlung im Sinne von § 32 ZPO ist bei einer behaupteten Verletzung des Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte durch ein öffentliches Zugänglichmachen des Schutzgegenstands über eine Internetseite im Inland belegen, wenn die geltend gemachten Rechte im Inland geschützt sind und die Internetseite auch im Inland öffentlich zugänglich ist; es ist dagegen nicht erforderlich, dass der Internetauftritt bestimmungsgemäß auch im Inland abgerufen werden kann (Aufgabe von BGH, Urteil vom 29. April 2010 – I ZR 69/08, BGHZ 185, 291 Rn. 14 – Vorschaubilder I).“

Zusätzlich zu dieser für den Urheberschutz willkommenen Erleichterung gilt innerhalb Deutschlands sodann grundsätzlich der sogenannte „fliegende Gerichtsstand“. Dieser ermöglicht es nach § 32 ZPO sich hierzulande quasi ein Gericht in jedem Bundesland und Bezirk frei auszusuchen, da die unerlaubte Handlung der Urheberrechtsverletzung im Netz grundsätzlich keine Gerichtsbezirksgrenzen kennt, sondern ja auch bundesweit zugänglich ist.

Hier ist allenfalls noch Vorsicht geboten, wenn die Urheberverletzung aus dem Ausland innerhalb Deutschlands einen klar abgrenzbaren besonderen örtlich beschränkten Bezug aufweist. Insoweit kann es in Ausnahmefällen zu Einschränkungen in der Gerichtswahl kommen, wie das Brandenburgische Oberlandesgericht wenige Monate nach der zitierten BGH-Rechtsprechung zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht ausurteilte (Urteil vom 28.11.2016, Az 1 U 6/16). Der Grundsatz einer völlig freien Gerichtsstandwahl zum Schutz des Verletzten sei bei unerlaubten Handlungen gegen Immaterialgüter nicht haltbar, wenn die streitgegenständliche Internetveröffentlichung einen deutlichen Bezug zu einem bestimmten Ort aufweist und die vom Betroffenen behauptete Beeinträchtigung seines Immaterialgüterrechts durch Kenntnisnahme von der Meldung auch an diesem Ort eintreten wird.

In der Praxis dürfte dies allerdings nur sehr selten der Fall sein. Zu denken ist beispielweise an eine ausländische Plattform, die sich ausschließlich an einen beschränkten Personenkreis in einem bestimmten Gebiet Deutschlands richtet und lediglich ein Urheberrecht verletzt, welches eine klar abgrenzbare lokale Bedeutung hat. Derartige Angebote werden aber im Ausland kaum gehostet. Eine allgemeine Streaming-Plattform wie YouTube zum Beispiel, richtet sich innerhalb Deutschlands immer an die gesamte Bevölkerung als den potentiellen Usern der Streams. Der verletzte Urheberberechtigte kann daher ein Landgericht seiner Wahl anrufen, vom Alpenrand bis an die Waterkant.

Unser Praxistipp: Wählen Sie bei Urheberrechtsverletzungen im Internet aus dem Ausland in Deutschland ein Gericht mit Erfahrung in internationalen Zustellungen und Verfahren, auch wenn der Anfahrtsweg für Ihren Anwalt etwas weiter sein sollte.

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