Kurzarbeitergeld in der Corona-Krise

Arbeitsrecht

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Kurzarbeitergeld in der Corona-Krise
Wie der Lohnausgleich bei vorübergehendem Arbeitswegfall funktioniert

Das Kurzarbeitergeld ist systematisch ein Instrument zum Erhalt des Beschäftigungsverhältnisses. Vielen Unternehmen geht es in der derzeitigen Corona-Krise schlecht, sie haben zum Teil einhundertprozentige Umsatzausfälle. Dies gilt für geschlossene Friseursalons ebenso wie für Konzertveranstalter, im Grunde für fast alle Unternehmen mit Publikumsverkehr und unvermeidbarer Personennähe. Kein Wunder also, dass das Kurzarbeitergeld als Auffanginstrument des Sozialstaates Hochkonjunktur hat. Es soll die Wirtschaft in Zeiten, in denen der Arbeitsanfall reduziert ist, vor massenhaften Kündigungen schützen.

Im glücklichen Fall sind die Umsätze stabil und läuft die Arbeit von der Krise unberührt einfach normal weiter, dann bedarf es keines Lohnersatzes. Im anderen Extrem kann der Arbeitgeber überhaupt keine Beschäftigung mehr anbieten und Besserung ist nicht in Sicht. Er kann mangels Einnahmen und mangels anderweitiger Kapitalbeschaffung auch keine Gehälter mehr zahlen. Dann bleibt nur der betriebsbedingte Stellenabbau mit der Kündigung als dem letzten Mittel (ultima ratio). Dazwischen liegt die Möglichkeit zur Kurzarbeit. Sie ist geregelt in den §§ 95 ff SGB III.

Entfällt eine Lohnzahlung mangels Arbeitsbedarfs, so können Arbeitnehmer eine Ersatzleistung von 60% ihres Nettogehaltes, bei mindestens einem Kind im Haushalt 67% ihres Nettogehalts auf eine Dauer von maximal 12 Monaten erhalten.

Die Voraussetzungen für den Erhalt des Ersatzgeldes sind in vier Bereiche gegliedert:

1) Es muss ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegen.

Hier gibt es im Zusammenhang mit der Corona Krise bereits eine wesentliche Erleichterung. Während früher mindestens ein Drittel der Beschäftigten vom Entgeltausfall betroffen sein musste, genügen nunmehr bereits zehn Prozent, um Kurzarbeit durch den Staat zu kompensieren. Dabei kommt insbesondere in größeren Unternehmen auch eine Betrachtung von einzelnen Betriebsabteilungen in Betracht, die Grenzwerte sind dann dort isoliert vom Rest der Belegschaft zu bewerten. Dabei können bei den Mitarbeitern auch Verdienstausfälle bis zu 100% des Lohns zu verzeichnen sein, solange ein nur vorübergehender Ausfall zu erwarten ist. Bei dauerhaftem Wegfall, im Zweifel in der Prognose von über einem Jahr, ist das Kurzarbeitergeld, welches ja zur Überbrückung von Engpässen dient, nicht das richtige Instrument. Dann bleibt nur der Stellenabbau.

Da es sich bei der derzeitigen COVID-19 Pandemie auch um ein unabwendbares Ereignis handelt, welches zu Arbeitswegfällen führt - also kein Ereignis, welches das Unternehmen selbst steuern kann -, ist der erhebliche Arbeitsausfall auch im sozialversicherungsrechtlichen Sinne gerechtfertigt. Die genaue Bestimmung des Arbeitsausfalls und seines Umfangs wird nicht behördlich überprüft, der Arbeitgeber erarbeitet diese Angaben aus unternehmerischer Perspektive. Sehen Arbeitnehmer hier aber einen Missbrauch, weil das Geschäft unverändert gut läuft, so sollten sie an dessen Aufdeckung auch aktiv mitwirken.  

2) Es muss ein Betrieb mit mindestens einem beschäftigten Arbeitnehmer vorliegen.

Selbstständige können für sich selbst kein Kurzarbeitergeld beantragen. Sie sind keine Pflichtversicherten in der Arbeitslosenversicherung. Hier müssen anderen Schutzinstrumente greifen, ein verbindliches Paket der Bundesregierung erwarten wir für diese Woche.

3) Es müssen die persönlichen Voraussetzungen bei jedem Arbeitnehmer vorliegen.

Auch hier gilt, dass das konkrete Arbeitsverhältnis fortgesetzt werden muss oder eine verbindliche Anschlussbeschäftigung gesichert ist. Wer gekündigt ist, erhält ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses Arbeitslosengeld, jedoch kein Kurzarbeitergeld. Für den Zeitraum zwischen Zustellung der Kündigung und der Beendigung des Arbeitsvertrages gilt die volle Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers. Auch wer bereits Krankengeld nach Ablauf der sechswöchigen Lohnfortzahlung bezieht, ist nicht auf das Kurzarbeitergeld verwiesen, es bleibt bei der Krankengeldzahlung.

4) Der Arbeitsausfall ist vom Arbeitgeber bei der Agentur für Arbeit angezeigt worden.

Für dieses Formerfordernis hält die Arbeitsagentur diverses Informationsmaterial bereit. Ein Vordruck zum Ausfüllen findet sich hier. Für den laufenden Monat kann das Kurzarbeitergeld noch bis Ende des Monats beantragt werden. Arbeitgeber, die ihre Gehaltsläufe schon ca. in der Mitte des Monats abschließen, sind gut beraten, das Kurzarbeitergeld in der ersten Monatshälfte unter Dach und Fach zu bekommen und mit der Lohnzahlung, z.B. im Steuerbüro, zu koordinieren.

Ist in eine Umstellung auf Kurzarbeit von dem Arbeitnehmer nicht im Vorfeld durch eine entsprechende Eventualfallregelung im Arbeitsvertrag eingewilligt worden und gibt es auch keine verbindliche Betriebsregelung oder einen Tarifvertrag, so muss der Arbeitgeber bei dem Arbeitnehmer das Einverständnis für die Kurzarbeiterregelung einholen. Verweigert der Arbeitnehmer jedoch seine Zustimmung, so ist dies allein kein Kündigungsgrund. Streit über die volle Lohnfortzahlung ist jedoch vorprogrammiert. In der Corona Krise dürfte es keine vernünftigen Gründe geben, den Wunsch des Arbeitgebers auf Kurzarbeit zu ignorieren. Schließlich soll der Fortbestand des Arbeitsplatzes damit abgesichert werden.

Ein einfaches Beispiel veranschaulicht, mit welchen Einkünften der von Kurzarbeit betroffene Mitarbeiter rechnen kann: Veranschlagt der Arbeitgeber eine Reduzierung der Arbeitskapazität um 50% und kürzt das Gehalt entsprechend, so greift im Falle des Kurzarbeitergeldes der Lohnersatz von 60% der Differenz. In Summe erhält der Arbeitnehmer also 80% seines Nettogehalts bei 50% Arbeitsauslastung (50% Lohn und 30% Kurzarbeitergeld). Die allgemeinen Bemessungsgrenzen sind zu beachten. Sie erhalten also keinen Ersatz für Arbeitsentgelt, welches über die sozialversicherungsrechtliche Beitragsbemessungsgrenze hinausgeht. Diese Grenze liegt derzeit bei monatlich brutto EUR 6.900.

Bei der Berechnung  des Ausfalllohns sind Soll-Gehalt (im Regelbetrieb) und Ist-Gehalt (nach Kürzung) gegenüber zu stellen. Das Soll-Gehalt ist also das regelmäßige Entgelt ohne Kurzarbeit. Variable Gehaltsbestandteile sind einzurechnen (sogenannter Akkordlohn), z.B. Provisionen pro Kundenbesuch oder Vertragsabschluss, aber auch Jahreszielboni. Nicht in das Soll-Gehalt gehören hingegen Einmalzahlungen, wie z.B. Altersgratifikationen, Hochzeitsgeld oder Sondergewinnbeteiligungen für ein gutes abgelaufenes Jahr.  

Nach Genehmigung der Kurzarbeit durch Bescheid von der Arbeitsagentur kann das Unternehmen die Erstattung des Kurzarbeitergelds auf monatlicher Basis beantragen. Hierzu muss ein Leistungsantrag mit Beilage einer Abrechnungsliste für jeden Monat gesondert gestellt werden. Der Antrag muss spätestens innerhalb von drei Monaten gestellt werden, danach ist der Ausgleich ausgeschlossen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Monats, für den das Kurzarbeitergeld beantragt wird.

Unser Praxistipp: Als Arbeitnehmer sollten Sie den Erhalt ihres Arbeitsplatzes in der jetzigen Krise durch Zustimmung zur Kurzarbeit unterstützen. Als Arbeitgeber sollten Sie frühzeitig alle Formerfordernisse angehen, um die Kompensationsmöglichkeiten von der Arbeitsagentur nicht zu verpassen. Wir helfen gerne.

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