Initiativen: Live-Streaming; 'Code of Conduct' für Musikindustrie

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„Zahlst Du schon oder diskriminierst Du noch?“
Von Live-Streaming bis Verhaltensregeln für Unternehmen

Ein bewegtes Jahr 2020, welches nicht nur Menschen auf die Straßen brachte, sondern auch weltweit Kreativ- und Kulturveranstaltungen zum Rückzug und zur Schaffung von digitalen Erlebnissen zwang. 2020 war auch ein Jahr des Umdenkens. Die ‚Association For Electronic Music‘ (kurz AFEM) nutzte den Moment, um viele ihrer Initiativen voranzutreiben. Hierbei rückte nicht nur das Thema ‚Live Streaming‘ und dessen Monetarisierungsproblem in den Fokus der Aufmerksamkeit, sondern vor allem ‚sexuelle Belästigung und Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder Geschlechtsidentität‘ in der Musikbranche und darüber hinaus. Zwar wird dies sowohl am Arbeitsplatz als auch bei der Durchführung einer Veranstaltung seit vielen Jahren als Problem identifiziert. Es gab bis dato jedoch keine professionellen, branchenüblichen Standards. ALBA PATERA Rechtsanwalt Martin Rüssmann ist seit Oktober 2019 Mitglied des Vorstands von AFEM.

1. STOP. SUPPORT. REPORT.

Im Rahmen der Initiative „Diversity and Inclusion“ richtete AFEM deshalb eine eigene Arbeitsgruppe ein, die über mehrere Monate mit Vertretern der Mitgliedsunternehmen einen Verhaltenskodex („Code of Conduct“) entwickelte und diesen im November im Namen der AFEM-Mitglieder veröffentlichte. Zahlreiche Leitmedien berichteten, u.a. Billboard, NME, Mixmag, DJ Mag.

Ziel des Verhaltenskodexes ist, sexuelle Belästigung und Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder der Geschlechtsidentität in der Musikindustrie zu minimieren und bestenfalls zu verhindern. Aber auch andere Branchen sind eingeladen diesen Verhaltenskodex als Diskussions- und Umsetzungsgrundlage für das eigene Unternehmen zu verwenden.

AFEM möchte ein Umfeld schaffen, in dem ein belästigendes oder diskriminierendes Verhalten nicht toleriert wird. Die Sensibilisierung, Aufklärung, der Respekt gegenüber Betroffenen, Schutz dieser und eine gezielte Prävention sind dabei von essentieller Bedeutung. 

Mitglieder von AFEM sind angehalten unter Beachtung geltender gesetzlicher Regelungen diese Standards zu implementieren und damit Vorbild für eine ganze Branche zu sein, um für alle Beteiligten ein Arbeitsumfeld und auch Live-Events zu schaffen, welche positiv in Erinnerung bleiben.

AFEM bittet Unternehmen verantwortungsbewusst zu handeln, indem sie eingreifen, wenn jegliche Art sexueller Belästigung oder Diskriminierung beobachtet wird, ein solches Verhalten nach Möglichkeit gestoppt wird, diejenigen unterstützt werden, die sich zu Wort melden (wollen) – insofern auch dahingehend ein entsprechendes Umfeld zu schaffen -, und etwaige Vorkommnisse den zuständigen Stellen in dem Unternehmen und Behörden vor Ort zu melden.

Der Verhaltenskodex kann hier eingesehen und runtergeladen werden.

 

2. Livestreaming – ‚Get Played Get Paid‘

Während Live-Event Aktivitäten aufgrund der Covid-19 Pandemie eingestellt wurden, führte dies zu einer Verlagerung von DJ- und Künstler-Darbietungen zum Livestreaming – dem neuen Place-to-be für Performance und Publikumsbindung. Dabei setzte sich erstmals eine breite Masse mit finanziellen Modellen dieses Wertetransfers auseinander und der Frage, ob den Urhebern von medialen Inhalten, hier der gestreamten Musik, sowie den darbietenden Künstlern und DJ’s von den einschlägigen Plattformen überhaupt Lizenzgelder gezahlt werden.

Denn, anders als viele denken, halten die Facebook’s und Twitch’s dieser Welt, also Anbieter von User-Generated-Content (UGC), tatsächlich bisher keine Vergütungsmodelle für Rechteinhaber von live gestreamten, audio-visuellen Inhalten vor. Auf nahezu allen Plattformen wird bisher die Verantwortung für das Lizenzieren von Inhalten, die durch den Nutzer der Plattform auf dessen Kanal gestreamt wird, auf diesen übertragen. Der jeweilige Nutzer jedoch, erst recht One-Men-Shows, kann eine eigene Lizenzierungspraxis nicht praktikabel umsetzen, was auch zu äußerst paradoxen Konstellationen führt: Beispielsweise lässt ein Musikunternehmen, welches die Rechte an live gestreamter Musik besitzt, Inhalte von solchen Künstlern auf der jeweiligen Plattform sperren, obwohl sie diese den Nutzern bzw. Live-Streamern auf anderen Wegen für Promo-Zwecke, vor allem von noch unveröffentlichter Songs, zur Verfügung gestellt hatte.

Im Rahmen der Initiative ‚Get Played Get Paid‘ hat AFEM vor Kurzem unter Berücksichtigung sämtlicher Interessen ein Papier mit ersten Eckpfeilern erarbeitet, dessen Beachtung allen Beteiligten ein langfristiges, nachhaltiges Ertragsmodell und eine tragfähige Lösung ebnen soll.

Empfänger dieses Papiers sind betroffene Plattformen und ihre Nutzer ebenso, wie Rechteinhaber und Lizenzgeber, DJ’s und Musikschaffende, wie auch Produzenten von Livestream-Ereignissen. Dabei bezieht sich das Papier auf Livestream-Ereignisse, die für den Zuschauer kostenlos sind, und nicht auf Livestream-Ereignisse mit kostenpflichtigem Zugriff, z.B. vorhergehenden Ticketverkauf.

Das Dokument versteht sich nicht als vollständige Anleitung für rechtmäßiges Livestreaming. Jedoch werden Grundprinzipien des Live-Streamings aufgestellt. Dazu zählen die Musikrechtefreigabe, technische Identifikation von gespielten Inhalten durch ‚Music Recognition‘, ebenso wie ein entsprechendes Reporting und Bezahlung durch betroffene Plattformen für gestreamte (Musik-)Inhalte.

Die Kernprinzipien fürs Live-Streaming können hier abgerufen werden.

Die ‚Association For Electronic Music‘ ist ein globaler Interessenverband der Musikbranche mit einem Schwerpunkt elektronischer Musik / Dance Music und seiner Art nach einzigartig. Der Verband ist nicht nur Länder und Kontinent übergreifend tätig, sondern vereint verschiedene Disziplinen der Musik- und Live-Entertainment Branchen.
AFEM zählt über 200 Mitgliedsunternehmen aus 25 Ländern, von den USA über Europa bis nach Asien und Australien. Darunter führende Unternehmen, wie Tonträgerhersteller, Verlage, Künstlermanagements, Konzert- und Festivalveranstalter, Technologie-Unternehmen, und Verwertungsgesellschaften.

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