Offenlegungspflichten von Unternehmen

Handels- und Gesellschaftsrecht

Handels- und Gesellschaftsrecht

„Je kleiner, desto weniger Papierkram”
Die Rechnungslegungspflicht betrifft alle

Ob Großkonzern, Mittelständler oder das neue Start-Up von nebenan. Eines haben sie alle gemeinsam: Sie sind verpflichtet Rechnungslegungsunterlagen offenzulegen – jährlich. Die meisten deutschen Unternehmen wissen das. Genügend wissen es nach wie vor nicht, oder kommen dieser Pflicht nur sporadisch nach.

Mit dem ‘Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister', sowie das Unternehmensregister’ (EHUG), welches bereits im Januar 2007 in Kraft getreten ist, wurden grundlegende Änderungen im Hinblick auf die Offenlegungspflichten von Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkten Personenhandelsgesellschaften, sowie deren Durchsetzung vorgenommen.

Seitjeher sind von vorgenannten Gesellschaften sämtliche Unterlagen der Rechnungslegung beim Betreiber des Bundesanzeigers elektronisch einzureichen und bekanntmachen zu lassen gemäß § 325 Abs. 1 und 2 HGB. Bei Nichteinreichung ist das Bundesamt für Justiz (www.bundesjustizamt.de ) zur Durchsetzung der Offenlegungspflichteten gegen säumige Gesellschaften oder gegen den jeweiligen Geschäftsführer oder Vorstand zuständig gemäß § 335 HGB, einschließlich einem möglichen Ordnungsgeldverfahrens. Deshalb sollten gerade die vertretungsberechtigten Organe der Unternehmen dieses Thema im Blick haben.

Im Folgenden führen wir die Antworten auf die häufigsten Fragen an im Zusammenhang mit der Offenlegungspflicht, die sich nicht nur Unternehmensgründer regelmäßig stellen:

1. Wer ist zur Offenlegung verpflichtet?

Neben Kleinstunternehmen, kleinen Gesellschaften und auch Gesellschaften, die keine Geschäftstätigkeit entfalten, sowie Gesellschaften in Insolvenz oder Liquidation sind im Wesentlichen offenlegungspflichtig:

-       Kapitalgesellschaften, also AG, KGaA, GmbH, UG (haftungsbeschränkt);

-       Personenhandelsgesellschaften ohne eine natürliche Person als persönlich haftenden Gesellschafter (z.B. GmbH & Co. KG);

-       Zweigniederlassungen von ausländischen Kapitalgesellschaften mit Sitz in der EU bzw. im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR);

-       Genossenschaften;

-       Unternehmen anderer Rechtsformen nach §§ 1,3 PublG, insbesondere Unternehmen, die bestimmte Bilanzsummen, Umsatzerlöse oder Arbeitnehmerzahl erreichen, aber auch Einzelkaufleute, gewerblich tätige Vereine oder Stiftungen;

-       Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen;

-       Emittenten von bestimmten Vermögensanlagen;

-       Mutterunternehmen für den Konzern.

2. Was ist zur Offenlegung einzureichen?

Für einige Branchen bestehen Sonderregeln, jedoch hängt der Umfang der zur Offenlegung einzureichenden Rechnungslegungsunterlagen in der Regel von der Größe des Unternehmens ab. Dabei bemisst sich die Größe eines Unternehmens nach den drei Kriterien

-       Bilanzsumme,

-       Umsatzerlösen,

-       und Zahl der Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt.

Grundsätzlich gilt Folgendes:

Bei Kleinstunternehmen (vgl. § 267a HGB) genügt die Einreichung der Bilanz. Auf den Anhang können sie verzichten, wenn sie die in § 264 Abs. 1 Satz 5 HGB aufgeführten Angaben (z.B. zu Haftungsverhältnissen), soweit diese erforderlich sind, unter der Bilanz angeben.

Kleine Unternehmen (vgl. § 267 Abs. 1 HGB) müssen nach § 326 Abs. 1 HGB Bilanz und Anhang einreichen. Die Gewinn- und Verlustrechnung muss hingegen nicht eingereicht werden.

Mittelgroße (vgl. § 267 Abs. 2 HGB) und große Unternehmen (vgl. § 267 Abs. 3 HGB) müssen sämtliche der in § 325 Abs. 1 HGB genannten Unterlagen einreichen. Für mittelgroße Unternehmen können gegebenfalls Erleichterungen hinsichtlich des Inhalts der offenzulegenden Unterlagen genutzt werden (§ 327 HGB).

3. Wo und wie müssen die Unterlagen eingereicht werden?

Die Rechnungslegungsunterlagen sind ausschließlich in elektronischer Form über die Publikations-Plattform unter www.bundesanzeiger.de einzureichen. Bei technischen Fragen steht eine kostenfreie Servicerufnummer 0800-1234339 des Betreibers des Bundesanzeigers zur Verfügung.

Eine Mitteilung an das Bundesamt für Justiz über die Einreichung beim Bundesanzeiger ist nicht erforderlich.

Kleinstunternehmen (vgl. § 267a HGB) können ihre Offenlegungspflicht für Jahresabschlüsse dadurch erfüllen, indem sie ihre Bilanz in elektronischer Form zur dauerhaften Hinterlegung beim Bundesanzeiger einreichen und einen Hinterlegungsauftrag erteilen. Auch das geht über die Publikations-Plattform unter www.bundesanzeiger.de.

4. Wann müssen die Unterlagen eingereicht werden?

Die Rechnungslegungsunterlagen müssen spätestens ein Jahr nach dem Abschlussstichtag des Geschäftsjahres, auf das sie sich beziehen, beim Bundesanzeiger eingereicht sein.

Für bestimmte Unternehmen (z.B. kapitalmarktorientierte Gesellschaften oder Emittenten von Vermögensanlagen) gelten kürzere Fristen. Bei neugegründeten Kapitalgesellschaften (wie z.B. GmbH, UG (haftungsbeschränkt)) beginnt das erste Geschäftsjahr mit dem ersten nach außen gerichteten Geschäftsvorfall, spätestens aber mit der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister.

Die Offenlegungsfrist kann nicht verlängert werden. Dies gilt auch, wenn der Jahresabschluss noch nicht aufgestellt oder ein Prüfauftrag noch nicht erteilt ist. Steuerrechtliche Aspekte wie die verlängerte Abgabefrist oder eine Betriebsprüfung rechtfertigen das Versäumen der Offenlegungsfrist nicht.

5. Ist eine Befreiung von der Offenlegungspflicht möglich?

Eine Befreiung von der Offenlegungspflicht ist grundsätzlich nicht möglich. Lediglich Tochtergesellschaften, die in den Konzernabschluss einer Muttergesellschaft einbezogen sind, können sich unter den in § 264 Abs. 3 bzw. § 264b HGB genannten Voraussetzungen von der Offenlegungspflicht befreien.

6. Was gilt bei Liquidation, Einstellung oder Ruhen des Betriebs?

Anders, als vielleicht einige denken mögen, besteht die Pflicht zur Offenlegung von Rechnungslegungsunterlagen auch für Unternehmen in Liquidation bzw. Abwicklung fort. Sie entfällt erst mit Eintragung der Löschung des Unternehmens im Handelsregister.

Mit dem in dem Auflösungsbeschluss festgelegten Tag der Auflösung beginnt regelmäßig ein neues Geschäftsjahr. Im Fall einer Liquidation sind grundsätzlich die letzten Rechnungslegungsunterlagen der werbenden Gesellschaft, die Liquidationseröffnungsbilanz nebst erläuterndem Bericht und die Rechnungslegungsunterlagen für jedes Geschäftsjahr der in Liquidation befindlichen Gesellschaft offenzulegen. Kleinstunternehmen (vgl. § 267a HGB) können die Unterlagen auch hinterlegen und dabei auf den erläuternden Bericht zur Liquidationseröffnungsbilanz verzichten.

Auch wenn der Geschäftsbetrieb ohne Liquidation eingestellt wird, das Gewerbe abgemeldet wurde oder das Unternehmen ruht, müssen weiterhin jährlich Rechnungslegungsunterlagen aufgestellt und offengelegt werden.

7. Welche Konsequenzen hat eine Nichterfüllung der Offenlegungspflicht?

Werden die offenlegungspflichtigen Unterlagen nicht innerhalb der gesetzlichen Frist beim elektronischen Bundesanzeiger eingereicht, so leitet das Bundesamt für Justiz ein Ordnungsgeldverfahren nach § 335 HGB ein. Dieses Verfahren beginnt mit der Aufforderung, innerhalb einer Nachfrist von sechs Wochen ab Zugang des Schreibens der gesetzlichen Offenlegungspflicht nachzukommen oder das Unterlassen mittels Einspruchs zu rechtfertigen. Dabei wird ein Ordnungsgeld in Höhe von mindestens EUR 2.500.- angedroht. Mit der Androhung werden den Beteiligten zugleich die Kosten des bisherigen Verfahrens auferlegt. Kommt das Unternehmen dieser Aufforderung nicht nach, setzt das Bundesamt für Justiz das angedrohte Ordnungsgeld fest. Zugleich wird das Verfahren unter Androhung eines erneuten Ordnungsgelds wiederholt. Dieses Verfahren setzt sich so lange fort, bis die Unterlagen offengelegt sind oder die Unterlassung der Offenlegung gerechtfertigt wurde. Ordnungsgeldverfahren werden auch dann eingeleitet oder fortgesetzt, wenn einzelne erforderliche Unterlagen bei der Offenlegung fehlen oder der Jahresabschluss noch nicht festgestellt oder gebilligt ist.

8. Was passiert, wenn fehlerhafte Rechnungslegungsunterlagen offengelegt werden?

In diesem Fall muss mit der Einleitung eines Bußgeldverfahrens nach § 334 HGB gerechnet werden.

Praxistipp: Sind Sie Unternehmensgründer oder -nachfolger, dann legen Sie je nach Größe Ihres Unternehmens für Ihr Unternehmen Checklisten an, welche Unterlagen Sie wann einreichen müssen, und setzen Sie sich Einreichungsfristen in Ihrem Fristenkalender auf Termin. Haben Sie einen Steuerberater, erkundigen Sie sich, ob er die entsprechende Offenlegung für Sie vornimmt.

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