Kein Urheberschutz für kurzes Zitat aus Loriot Sketch

Urheberrecht

Urheberrecht

„Kein Lametta im Gerichtssaal!“
Opa Hoppenstedt sprach Wahres aus, doch nichts Schützenswertes

Die Erben von Loriot, Susanne und Bettina von Bülow, dachten vielleicht, sie könnten ebenso komisch wie der Vater wirken, als sie post mortem vor Gericht nach § 97 UrhG auf Unterlassung des berühmten Ausspruchs von Opa Hoppenstedt „Früher war mehr Lametta!“ klagten. Weit gefehlt. Komisch ist diese Gangart zu Gericht nun wirklich nicht, eher befremdlich. Ebenso befremdlich, dass die Erben einen Anwaltskollege fanden, der sich dazu hinreißen ließ, dem kurzen Satz mit vier Worten einen urheberrechtlichen Werkcharakter beizumessen. Zwar kann auch ein noch so kurzes Stegreifgedicht urheberrechtlichen Schutz genießen, wenn es eine ausreichende Originalität und Individualität aufweist. Auch ein gewisse Schöpfungshöhe mag bei einer Dichtung entbehrlich sein. Ohnehin haftet dem Begriff der Schöpfungshöhe seit jeher stark eine subjektive Wertungsmöglichkeit an. Wenn aber ein Satz überhaupt keinen dichtenden Charakter hat und isoliert betrachtet, also aus dem Kontext eines dramaturgischen und gegebenenfalls visualisierten Sketches herausgenommen, nicht mehr bietet, als eine alltägliche und gemeine Ausdrucksform, ein knappes sachliches Statement, dann bleibt kein Raum für das Urheberrecht.   

Dies sah bereits das Landgericht München in der Vorinstanz (Beschluss des LG München vom 18.07.2019, Az. 33 O 9328/19) so und das OLG München bestätigt diese Sichtweise (Urteil OLG München vom Az. 6 W 927/19). Seine Besonderheit und Originalität erfahre der Satz „Früher war mehr Lametta!“ durch die Einbettung in den Loriot-Sketch "Weihnachten bei Hoppenstedts" und die Situationskomik. Blende man aber die Einbettung in den Sketch und auch den Umstand aus, dass der Sketch samt des Ausspruchs von dem fraglos bekannten und bedeutenden Künstler Loriot stamme, handele es sich um einen eher alltäglichen und belanglosen Satz, der entweder schlicht zum Ausdruck bringe, dass früher mehr Lametta benutzt wurde, oder – unter Verwendung des Wortes "Lametta" als Metapher – dass früher mehr Schmuck, Glanz, festliche Stimmung oder Ähnliches war. Selbst in der zweiten Deutungsmöglichkeit genüge die Verwendung einer einfachen Metapher im Anschluss an die alltägliche und gängige Eingangswortfolge "Früher war mehr" nicht, um hier eine Originalität oder Individualität anzunehmen, welche übliche und alltägliche Ausdrucksformen deutlich überrage. Daher könne der beklagte T-Shirt Hersteller den Satz frei auf den von ihm vertriebenen Shirts verwenden.

Die Entscheidung verdient ebenso Applaus, wie ihn bereits zur Adventszeit 1978 Opa Hoppenstedt bei der Erstausstrahlung verdiente. Lametta, ganz gleich ob es nun früher mehr oder weniger davon gab, gehört sprachlich so nicht monopolisiert. Vielleicht mögen die Erben des großen Vicco von Bülow noch einmal ihr Glück im Urheberrecht der Poesie versuchen, indem sie das ebenso berühmte „Krawehl! Krawehl!“ der Figur Lothar Frohwein aus des Vaters Opus Ödipus als Werk schützen lassen möchten? Wir würden auch dann wieder fröhlich berichten.

Praxistipp: Bemühen Sie urheberrechtlichen Werkschutz nicht für kurze Allerweltsätze, mögen diese noch so einprägsam in einem bekannten Kontext wiederzufinden sein.

Kontaktieren Sie uns zum Thema "Urheberschutz bei Sprüchen, Gedichten und Poesie"