OLG Hamburg bestätigt das Verbot von Passagen aus der Böhmermann-Satire

Allgemeines Persönlichkeitsrecht

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„Immer noch Ärger mit den Schafen“
Das OLG Hamburg bestätigt das Verbot von Passagen aus der Böhmermann-Satire

Im Verfahren über die Unterlassungsklage des türkischen Präsidenten gegen den TV-Moderator Jan Böhmermann hat das Hanseatische Oberlandesgericht am 15. Mai die Vorinstanz bestätigt (Az. 7 U 34/17, Pressemitteilung).

Danach bleibt es Böhmermann untersagt, sich über den Kläger, wie in den entsprechenden Teilen des Satire-Gedichts „Schmähkritik“, zu äußern. Das OLG urteilt, die fraglichen Passagen würden schwere Herabsetzungen mit Bezügen zum Intimen und Sexuellen beinhalten, für die es bei Erdogan keinerlei Anhaltspunkte gäbe. Anders als die übrigen Verse, die ein tatsächliches Verhalten Erdogans in satirischer Weise kritisierten und daher hinzunehmen seien, dienten die untersagten Äußerungen allein dem Angriff auf die Würde und seien deshalb rechtswidrig.

Das OLG stützt sein Urteil auf eine Abwägung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegenüber der Meinungsfreiheit, die Böhmermann für seine Kritik am Kläger und der von ihm geführten Regierung grundsätzlich in Anspruch nehmen dürfe. Erdogan habe seinerseits das Recht, nicht mit herabsetzenden Werturteilen bedacht zu werden, die mit der Achtung seiner Persönlichkeit - oder gar mit seiner Menschenwürde - nicht mehr vereinbar seien. Unabhängig von der Frage, ob der Beklagte sich auf die Kunstfreiheit berufen könne, sei das Gedicht als Satire im Rahmen der Meinungsfreiheit an Maßstäben zu messen, die dem Effekt der Verfremdung und Übertreibung Rechnung trügen. Die Äußerung von Kritik in einer pointierten, polemischen und überspitzten Weise sei umso stärker geschützt, je deutlicher die satirische Einkleidung einen Bezug zum Gegenstand der Kritik aufweise oder die kritisierte Person selbst Veranlassung für die Einkleidung gegeben habe.

Das Gedicht sei im Gesamtkontext der Sendung zu sehen, die sich mit dem Unterschied zwischen zulässiger und unzulässiger Meinungsäußerung befasst habe. Böhmermann sei es erkennbar darf angekommen, am Beispiel diverser Schmähkritik-Passagen in seinem Gedicht aufzuzeigen, was noch frei geäußert werden könne und was nicht.  Jede dieser Meinungsäußerungen könne daher isoliert mit einem Verbot belegt werden, wenn sie im jeweiligen Gesamtkontext unzulässig sei. Für die einzelnen Verse des Gedichts sei danach ausschlaggebend, ob ein sachlicher Gehalt mit Bezug zu der Kritik am Kläger erkennbar sei und dieser sachliche Gehalt ausreiche, den in der jeweiligen Einkleidung liegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers aufzuwiegen. Bei der Verwendung herabsetzender Bilder aus dem Intim- und Sexualbereich, für die es in der Person des Klägers und seinem Verhalten weder Anknüpfung noch Veranlassung gäbe, sei dies nicht der Fall.

Das OLG betont, dass es nicht darauf ankäme, ob Böhmermann tatsächlich habe beleidigen wollen oder ob er eine exemplarische Vorführung von rechtlich fragwürdiger Meinungsäußerung beabsichtigt habe. Die Äußerungen stellten ungeachtet des vom Beklagten vorangestellten Vorbehalts, nicht beleidigen zu wollen, tatsächlich schwere Persönlichkeitsrechtsverletzungen dar. Der übergeordnete Aussagegehalt des „Schmähgedichts“ und die vorangestellte Erklärung, mit diesem nur zeigen zu wollen, welche Arten rechtlich unzulässiger Äußerungen es gebe, seien nicht geeignet, eine Veröffentlichung zu rechtfertigen. Wir werden sehen, ob dazu noch der BGH angerufen wird.

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