Beschäftigungsverbote werdender Mütter in der Corona-Pandemie

Arbeitsrecht

Arbeitsrecht

“Gechillt in der Schwangerschaft”
In welchen Fällen Beschäftigungsverbote nach dem Mutterschutzgesetz greifen

Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie erreichen uns vermehrt Anfragen zum Thema Schwangerschaft am Arbeitsplatz. Offenbar verbreitet sich die Ansicht, für jede werdende Mutter sei pauschal die Weiterbeschäftigung schon wegen der landesweiten Covid19-Gefahr verboten. Dies ist unzutreffend. Ein Beschäftigungsverbot kann nur vom Arzt individuell durch den Patienten bedingt oder vom Arbeitgeber aufgrund des Ergebnisses einer Gefährdungsprognose ausgesprochen werden.

Frauen, die Nachwuchs in sich tragen, sind stets besonders schutzwürdig. Bildlich gesehen muss die Gesellschaft, müssen alle Mitmenschen schwangere Frauen in sanfte, warme Watte legen, sie verwöhnen und pflegen. Alles andere ist falsch. Nicht selten sind es indes die Frauen selbst, die sich in der Schwangerschaft noch Kraftvolles zutrauen. Auch dann gilt es, sie im richtigen Augenblick zu bremsen, zu deren eigenem Schutz und dem des ungeborenen Lebens. Die Arbeitswelt kennt zwei Personen mit besonderen Fürsorgepflichten gegenüber werdenden Müttern, den Arzt und den Arbeitgeber. Unzutreffend ist aber die Ansicht, der Arbeitgeber dürfe oder müsse sogar ein Beschäftigungsverbot aussprechen, wenn der Arzt sich dazu nicht bereit erklärt. Denn die Verbotsmöglichkeiten unterscheiden sich grundsätzlich.

Spricht ein Arzt ein Beschäftigungsverbot nach § 16 MuSchG aus, so spricht man von dem individuellen oder auch ärztlichen Beschäftigungsverbot. Denn hier liegen die Gründe ganz einzelfallbezogen in der Person der Schwangeren selbst. Fühlt sie sich gesundheitlich nicht in der Lage, weiterzuarbeiten und stimmt der Arzt dem in einer Diagnose zu, so erlässt er ein Beschäftigungsverbot. Die Gesundheitsgefahr kann dabei vielseitig diagnostiziert werden und körperlich aber auch psychisch bedingt sein. Auch wenn Ärzte Beschäftigungsverbote nicht aus der hohlen Hüfte heraus aussprechen dürfen, so liegt die Hemmschwelle doch erfahrungsgemäß niedrig. Denn die Mediziner wollen sich im Zweifel keinen Haftungsrisiken aussetzen.

Der Arbeitgeber kann ein Beschäftigungsverbot hingegen nie aufgrund medizinischer Indikationen aussprechen. Er hat lediglich die Aufgabe, eine Risikoeinschätzung und Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz durchzuführen. Daraus muss er zunächst Schutzmaßnahmen ableiten. Den Rahmen dafür geben die §§ 9 bis 14 MuSchG vor. Typische Schutzmaßnahmen sind zum Beispiel die Bereitstellung von Ruheräumen mit Liegemöglichkeit bei überwiegend stehender Tätigkeit oder die Verlegung des Büroplatzes, um Treppensteigen zu vermeiden. Erst wenn die Schutzmaßnahmen nicht zum Ausschluss möglicher Gefahren für die Schwangere führen, darf der Arbeitgeber die Beschäftigung nicht fortsetzen. Er muss ein sogenanntes betriebliches Beschäftigungsverbot nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 MuSchG aussprechen.

Ohne eine ernsthafte Gefährdungsprognose kann die Arbeitnehmerin also nicht einfach vom Arbeitgeber verlangen, sie freizustellen. In unbegründeten Fällen würde dem Arbeitgeber auch keine Erstattungsanspruch nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 AAG - Aufwendungsausgleichsgesetz – zustehen. Denn dieser Ausgleich durch die Krankenkassen verlangt nach § 18 MuSchG eine Lohnfortzahlungspflicht aufgrund eines wirksamen Beschäftigungsverbots.

Bezüglich der Corona-Pandemie betonen die Krankenkassen derzeit, dass laut Robert-Koch-Institut eine erhöhte Gefährdungslage für Schwangere nicht indiziert ist. Auch Neugeborene würden keinen Covid19 Symptomen unterliegen. Vor diesem Hintergrund können Arbeitgeber nicht ohne weiteres pandemiebedingt eine erhöhte Gefährdungslage für schwangere Mitarbeiterinnen feststellen. Nur in Ausnahmesituationen sind betriebliche Beschäftigungsverbote angezeigt, zum Beispiel in Umfeldern mit anerkannt hoher Virusbelastung. Schwangere sollten zum Beispiel möglichst nicht auf Corona-Stationen in Krankenhäusern eingesetzt werden. Dies ist aber nicht vergleichbar mit normaler Bürotätigkeit, einem vertrieblichen Außendienst oder einer Beschäftigung im Einzelhandel. Derartige Beschäftigungen unterliegen durch das Corona-Virus nicht automatisch einem erhöhten Gefährdungspotenzial.  

Unser Praxistipp: Schwangere Frauen in normalen Arbeitsumfeldern sind im Bedarfsfall auf ein ärztliches Beschäftigungsverbot angewiesen. Arbeitgeber können Beschäftigungsverbote nur als letztes Mittel aussprechen, wenn eine Gefährdungslage dies indiziert und Schutzmaßnahmen nicht greifen.

Kontaktieren Sie uns zum Thema "Beschäftigungsverbote für werdende Mütter"