Vreni Frost - Warum Social Media-Influencer plötzlich abgemahnt werden

Social Media- und Wettbewerbsrecht

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Warum Social Media-Influencer plötzlich abgemahnt werden

Das Landgericht Berlin (Urteil v. 24.05.2018 - Az.: 52 O 101/18) hat der Instagram-Bloggerin Vreni Frost verboten, mit In-Picture-Verlinkungen auf Mode- und Bekleidungsmarken Werbung zu betreiben, ohne dies ausreichend als Werbeaktivität zu kennzeichnen. Das Gericht betritt damit einen weniger neuen Bereich, als manche Internet-Blogger glauben. Letztere regen sich derzeit über den Richterspruch im Einstweiligen Verfügungsverfahren ziemlich auf. Dass aber Schleichwerbung unzulässig ist, galt schon vor dem Launch von Instagram. Die Grenzen zwischen Privatem, Produktliebe und Werbung verschwimmen im Netz. Das hat auch das Gericht in seiner Entscheidung nicht verkannt. So hat es weder Hashtag noch In-Picture-Verlinkungen per se verboten und wird gemäß der Urteilsgründe auch in Zukunft keine Social Networker pönalisieren, die hier und da in ihrer Kommunikation auf Marken verweisen.

Wer aber Grenzen überschreitet und eine Produktverlinkung mit dem Ziel der Absatzförderung betreibt, wirbt und darf sich über Kennzeichnungspflichten eigentlich nicht wundern. Diese können sich neben dem Telemediengesetz (§ 6) sowohl aus dem Rundfunkstaatsvertrag (§§ 2 Absatz 2 Nr. 7, 58 RStV), als auch aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (§ 3 Abs. 3 UWG, § 5a Abs. 6 UWG) ergeben. Die gesetzlichen Regelungen bestehen nebeneinander. Für die Durchsetzung sind unterschiedliche Institutionen zuständig: Verstöße gegen den Rundfunkstaatsvertrag ahndet die Aufsichtsbehörde (z.B. Landesmedienanstalt). Wegen Verletzung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb können Mitbewerber, Wettbewerbsverbände oder Verbraucherschutzvereine bei den ordentlichen Gerichten vorgehen.

Vorliegend hat das Landgericht Berlin aus einer Gesamtschau der Umstände auf die Zielrichtung der Vreni Frost abgestellt und im Ergebnis eine, sicher sehr knappe, Einzelfallentscheidung getroffen. Denn die Influencerin betreibt eine Firma in den Räumen einer Werbeagentur mit eigenem Projektmanagement und hatte selbst unverblümt zugestanden auf Instagram „alles außer Privates“ zu posten. Das Gericht wertete dies, gepaart mit der objektiv hergestellten Verbindung zwischen den Fotos und den Markenartikeln, als hinreichendes Indiz, um der Influencerin Werbung zu bescheinigen und sie zur Unterlassung der Nicht-Kennzeichnung zu verpflichten.

Mit der Entscheidung, die auf dem Instagram-Beschluss des Kammergerichts Berlin (vom 11.10.2017 - Az.: 5 W 221/17) aufbaut, schiebt das LG Berlin die Diskussion um die Einordnung von Social Media-Influencern weiter an. Sind diese eher Redakteure oder Werbetreibende? Die gleichen Fragen haben sich freilich schon früher, etwa bei Liebhaberzeitschriften, gestellt. Und da das Thema eben nicht ganz neu ist, besteht Hoffnung, dass sich sachgerechte Abgrenzungen etablieren werden. Wer, ohne redaktionelle Besprechung und im Zweifel kritische Auseinandersetzung, auf eine Marke verlinkt macht dies im Regelfall nicht uneigennützig. Anders verhält es sich bei Testern, Mode- und Feinschmeckerredakteuren, die – bezahlt von einem Verlag und nicht von einem Markenartikler - im Detail Produkte auseinandernehmen, einer kritischen Wertung unterziehen und zu einem eigenen unabhängigen Fazit kommen. Letztere sind eben keine „Schleicher“.

Man muss einfach das Wort „Schleichwerbung“ zunächst einmal beim Wort nehmen. Es bedeutet, dass eine Werbebotschaft den Verbraucher möglichst versteckt und nicht direkt erkennbar erreichen soll. Solche Schleichwerbung wird von Markenartikeln ständig gesucht, da sie äußerst wirksam ist und den Verbraucher am besten nachhaltig beeinflussen kann. Gerade wegen des subtilen Verführungscharakters und der Undurchsichtigkeit der Zielgerichtetheit wird die Schleichwerbung als unlauter vom Gesetzgeber gebrandmarkt. Dahinter stecken auch ethisch moralische Beweggründe.

Das LG Berlin hat sich die Entscheidung im Schnellverfahren nicht einfach gemacht. Es musste seine Argumentation auf Indizien und schlüssige Glaubhaftmachungen aufbauen. Solche Urteile sind immer angreifbar, weil sie methodisch und semantisch in der Begründung größere Wertungsspielräume aufzeigen als im Strengbeweis. Es bleibt also spannend, ob die nächste Instanz das Urteil bestätigen oder kippen wird.

Influencer auf Instagram, Facebook und anderen Plattformen müssen einstweilen umsichtiger werden, aber nicht untertauchen.        

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