Dienstwagenregelung bei Freistellung und Krankschreibung
Arbeitsrecht
„Freigestellt und krankgeschrieben! – Weiterfahren?“
Was gilt, wenn der Arbeitnehmer seinen Firmenwagen zurückgeben soll
Häufig dürfen betrieblich zur Verfügung gestellte Fahrzeuge auch privat genutzt werden. Der Arbeitgeber trägt dann alle Kosten einschließlich Benzin bis zur Landesgrenze und die Familie des Vertriebsmitarbeiters freut sich über Papis schönes Auto für die Sommerferien. Das hat seinen Preis. Ein Prozent vom Listenpreis werden versteuert. Kostet zum Beispiel der schicke SUV brutto EUR 50.00.-, so muss sich der Arbeitnehmer monatlich 500 Euro als geldwerten Vorteil in der Lohnabrechnung zuschreiben lassen und diesen voll versteuern. Auch dies lohnt sich, da ein rein privat finanziertes Neufahrzeug in der Regel teurer im Unterhalt wäre.
Was aber gilt, wenn es zur Zerrüttung des Arbeitsverhältnisses kommt und der Arbeitnehmer im Rahmen einer Kündigung freigestellt wird? Zunächst muss dann der Wortlaut der Vereinbarung zur Dienstwagenüberlassung geprüft werden. Oft finden sich hier bereits klare Regelungen. Wenn der Arbeitgeber sich jedoch pauschal einen Widerruf der privaten Dienstwagennutzung vorbehält, ist Vorsicht geboten. In diesem Fall sind zahlreiche Besonderheiten des durch die Rechtsprechung entwickelten Arbeitnehmerschutzes zu beachten. Das BAG hat klargestellt, dass Dienstwagenregelungen der AGB-Kontrolle unterliegen und pauschale Widerrufsregelungen bei privater Nutzungserlaubnis unwirksam sind (Urteil vom 19.12.2006, Az. 9 AZR 294/06). Weil das Privileg der Privatnutzung Entgeltcharakter habe, dürfe dies bei einer Freistellung ebenso wenig wie das Gehalt entzogen werden. Zugunsten der Planungssicherheit des Arbeitnehmers müssen Widerrufsgründe daher bereits konkret und vorhersehbar in der Vereinbarung selbst aufgelistet werden. Unzumutbar nach § 308 Nr. 4 BGB seien insbesondere sofortige Widerrufsklauseln ohne triftigen Grund, die es dem Arbeitnehmer unmöglich machen, sich ausreichend auf den Entzug des Dienstwagens vorzubereiten. Darüber hinaus kann laut einem späteren Urteil des BAG (Urteil vom 21.03.2012, Az. 5 AZR 651/10) selbst bei einer der Inhaltskontrolle standhaltenden Widerrufsklausel im Einzelfall die Art der Ausübung des Widerrufs dennoch treuwidrig sein, wenn das Ermessen bei der Abwägung zwischen Rückholinteresse des Arbeitgebers und Auslauffrist des Arbeitnehmers unbillig ausgeübt wurde. Das LAG Niedersachsen hatte in der Vorinstanz eine regelmäßige Widerrufsfrist von vier Wochen in Analogie zu einem monatlichen Kündigungsrecht nach § 622 BGB für angemessen gehalten (Urteil vom 14.09.2010, Az. 13 Sa 462/10).
Zu besonderen Fragestellungen kommt es, wenn der Arbeitnehmer parallel zu seiner kündigungsbedingten Freistellung auch noch krankgeschrieben ist. In solchen Fällen geht das BAG (Urteil vom 14.12.2010, Az. 9 AZR 631/09) davon aus, dass bei Ablauf der Lohnfortzahlung auch das Dienstwagenprivileg entfällt, da es – solange keine weiteren Anhaltspunkte für ein Sonderprivileg vorlägen - ein akzessorisches Recht zum Gehaltslauf sei. Der Dienstwagen könne selbst dann noch herausverlangt werden, wenn der Arbeitgeber nach Ablauf der Sechswochenfrist die Nutzung zunächst eine Zeit lang weiter dulde. Daraus ließe sich noch keine konkludente Zustimmung für eine dauerhafte Nutzung ableiten.
Verbindet man unterm Strich die Grundsätze zum angemessenen Widerruf bei Freistellung mit dem Urteil zum Wegfall des Nutzungsprivilegs bei Ablauf der gesetzlichen Lohnfortzahlung, so sind Arbeitgeber im Ergebnis gut beraten, auch bei längerer Erkrankung des Arbeitnehmers mit ausreichenden Ankündigungsfristen zu arbeiten. Arbeitgeber, die es mit den sechs Wochen genau nehmen, sollten entweder im Arbeitsvertrag regeln, dass der Dienstwagen bei Wegfall der Lohnfortzahlung eingezogen wird oder den Arbeitnehmer nach einer mehr als zwei Wochen andauernden Erkrankung vorsichtshalber schriftlich darüber informieren, dass sein Fahrzeug bei Einsatz des Krankengeldes, also nach weiteren vier Wochen, eingezogen wird. Versäumt der Arbeitgeber beides, so kann er trotz Wegfall der Lohnfortzahlung nach sechs Wochen den Wagen nicht sofort herausverlangen, sondern muss bei Ankündigung nach Treu und Glauben im billigen Ermessen eine angemessene Abholungsfrist gewähren.
Eine Abholung am Wohnsitz des Arbeitnehmers versteht sich bei Krankschreibung sodann von selbst. Das hat das LAG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 10.01.2013, Az. 10 Sa 1809/12) noch einmal klargestellt.
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