Begrenzter Urheberschutz an Lichtbildern und Teilen davon

Urheberrecht

Urheberrecht

„Unbezahlt abgemalt“
Die Nutzung abgemalter Fotos ist nicht immer eine Urheberverletzung

Für Fotografien, kurz Fotos, kennt das Urhebergesetz den etwas alten Begriff des Lichtbildes. Der Begriff geht auf das 19te Jahrhundert, in dem die Fotografie entwickelt wurde, zurück. Im Urhebergesetz ist zusätzlich der Begriff des Lichtbildwerkes in § 2 Ab. 1 Nr. 5 verankert. Das Lichtbildwerk kann, da es den für den Werkschutz erforderlichen Grad an Individualität erreichen muss, nur eine persönliche geistige Schöpfung sein. Damit grenzt sich das Lichtbildwerk von der einfachen Fotografie, dem Lichtbild, nach § 72 Abs. 1 UrhG ab, da letzteres allein schon die aufgrund des technischen Fotografierens hergestellte Aufnahme ist. Die Abgrenzung zwischen Lichtbild und Lichtbildwerk ist in der Praxis oft nicht leicht, die Unterschiede in den Rechtsfolgen indes durchaus erheblich, da das Lichtbildwerk die volle Schutzdauer von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers genießt, während einfache Lichtbilder bereits 50 Jahre nach ihrem Erscheinen frei werden.

Beachtlich ist allerdings, dass Lichtbilder nach dem Wortlaut des § 72 UrhG im Übrigen identisch wie Lichtbildwerke geschützt sind, obwohl sie der Kategorie der lediglich „verwandten Schutzrechte“ angehören. Dieser weite Schutzumfang stellt eine Durchbrechung des urheberrechtlichen Prinzips dar, wonach die verwandten Schutzrechte grundsätzlich nur die unmittelbare Leistungsübernahme verbieten, also die eins-zu-eins Kopie, während das Urheberrecht in Teil 1 des Urhebergesetzes auch einen weitreichenden Nachahmungsschutz, also den Verbot des Plagiats enthält. Damit besteht immer auch die Gefahr, dass bereits einfache Fotos, die keinen geistigen Schöpfungsgehalt aufweisen, nicht einmal nachgeahmt werden dürfen. Freilich bejaht die Rechtsprechung ein derart hohes Schutzniveau nicht für Allerweltsfotos, die jeder knipsen kann.

Einmal mehr musste sich jüngst das Landgericht Hamburg mit der Reichweite des Lichtbildschutzes auseinandersetzen (LG Hamburg, Urteil vom 22.05.2020 – Az 308 S 6/18). Die Deutsche Presseagentur (DPA) hatte einen T-Shirt Hersteller verklagt, der - ohne weiteres erkennbar - einen Soldaten von einem aus Krisengebiet stammendem Foto abgemalt und mit einem Slogan auf Shirt verbreitet hatte. An diesem Foto hielt die Agentur die ausschließlichen Nutzungsrechte.

Das Gericht stellte in Bestätigung der ersten Instanz fest, dass es sich bei dem Foto um ein Lichtbildwerk handele, da der Einsatz von Licht und Schatten sowie der Umgang mit Tiefenschärfe eine ausreichende Individualität und damit geistige Schöpfung zeigten. Allerdings beziehe sich das Abmalen des Soldaten nur auf einen Teilausschnitt des Werkes. Dieser sei allerdings losgelöst vom gesamten Bild nicht gesondert als Teilwerk schutzfähig, sondern allenfalls als Lichtbild im Sinne des § 72 UrhG zu klassifizieren. Bei Lichtbildern wiederum läge angesichts des geringen Schutzumfanges regelmäßig eine freie Benutzung im Sinne des § 24 Abs. 1 UrhG vor, wenn - wie vorliegend - nur Umrisse oder Gestalten nachgeahmt würden. Dies gelte nur dann nicht, wenn der Fotograf die abgebildete Person oder Sache selbst geschaffen oder gestalterisch in Szene gesetzt habe. Mangele es indes an letzterem und fehlten besondere Anordnungen oder weitere Gestaltungsmittel, so sei bei einer Übernahme regelmäßig von freier Benutzung auszugehen. Damit gab das LG Hamburg dem T-Shirt Hersteller weiter freie Fahrt für den zustimmungsfreien Vertrieb seines abgemalten Soldaten.

Anhand der Entscheidung zeigt sich das ganze Dilemma der Abgrenzung zwischen Lichtbildwerk und Lichtbild. Da, wie erwähnt, durch die analoge Anwendung des vollen Nachahmungsschutzes bei einfachen Lichtbildern nach § 72 UrhG im Grunde auch das erkennbare Abzeichnen jedes trivialen Fotos, bei dem es nicht auf schöpferische Gestaltungen sondern nur auf die technische Umsetzung ankommt, als Nachahmung verboten wäre, muss sich die Rechtsprechung mit einem Kunstgriff auf die freie Benutzung nach § 24 Abs. 1 UrhG retten, um das Exklusivrecht an fotografierten Motiven nicht unangemessen ausufern zu lassen. Rechtsmethodisch kommt dies einer teleologischen Reduktion des § 72 UrhG gleich. Fazit ist, dass die kommerzielle Verwertung abgemalter Teilausschnitte von Lichtbildern im Regelfall erlaubnisfrei bleibt, wenn der betroffene Teilausschnitt keinen eigenen besonderen Gestaltungscharakter des Fotografen vorweist.

Unser Praxistipp: Prüfen Sie vor der Übernahme von Motiven und Ausschnitten von Fotos genau, ob das Kriterium der freien Benutzung erfüllt ist. Nur dann liegt keine Urheberverletzung vor. Wir helfen bei der Prüfung gerne.

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