LG Düsseldorf: Keine GEMA-Lizenz bei dramaturgischer Bühnenaufführung von Musik

Urheberrecht

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„Ein Idiot ohne Musik“
Neues Urteil zur Grenzziehung zwischen GEMA-Wahrnnehmung und dramaturgischer Aufführung von Musikwerken auf der Theaterbühne.

Mit Urteil vom 12. Juni 2019 hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf in der Sache 12 O 263/18 entschieden, dass es ein Schauspielhaus ohne individuelle Rechteeinholung beim berechtigten Komponisten oder Musikverlag zu unterlassen hat, die ursprünglich für ein anderes Schauspielhaus komponierte und arrangierte Musik auf seiner Bühne zu nutzen. Unerheblich sei, dass es sich um die identische Inszenierung desselben Theaterregisseurs handele. Solange eine von der GEMA kollektiv erteilte Lizenz nicht in Betracht komme, weil der GEMA die Berechtigung zur Vergabe fehle, könne der originäre Rechteinhaber oder sein Verlag eine Nutzungslizenz derart räumlich eingrenzen, dass sie auch bei derselben Inszenierung nur für ein einziges Bühnenhaus gelte.

Vorliegend hatte der Frankfurter Film-, Theater- und Werbekomponist Parviz Mir-Ali die Musik für die Aufführung von Dostojewskis „Der Idiot“ erstellt. Ein letzterer war der Komponist freilich nicht, da er schlau genug eine räumlich begrenzte Lizenz für die Aufführung nur an das Staatsschauspiel in Dresden vergeben hatte. Als der Regisseur Matthias Hartmann mit seiner Inszenierung weiterzog und am Rhein landete, blieb die gleiche Musik naturgemäß dabei. Das Düsseldorfer Schauspielhaus bezog sich nach anfänglicher Pauschlizenz an den Komponisten dann auf eine angebliche GEMA-Wahrnehmung für die öffentliche Aufführung. Doch der Berechtigungsvertrag der GEMA sieht hier eine differenzierte Betrachtung vor. Denn nach § 1 a) Wahrnehmungsvertrag lizenziert die GEMA:

„Die Aufführungsrechte an Werken der Tonkunst mit oder ohne Text, jedoch unter Ausschluss des Rechts zur bühnenmäßigen Aufführung dramatisch-musikalischer Werke (vollständig, als Querschnitt oder in größeren Teilen). Der Ausschluss umfasst auch die bühnenmäßige Aufführung sonstiger Werke der Tonkunst (mit oder ohne Text) als integrierende Bestandteile dramatisch-musikalischer Bühnenstücke, z. B. im Rahmen von Balletten oder Hit-Musicals. Unerheblich ist, ob die Werke eigens für die Umsetzung auf der Bühne geschaffen worden sind.“

Es kommt also nicht einmal darauf an, ob die Musik als solche „dramatisch-musikalisch“ angelegt ist, wie z.B. bei herkömmlicher Oper-, Operetten-, oder Musical-Musik. Entscheidend nach Satz 2 ist, ob die Musikwerke „integrierende Bestandteile“ der Bühnenstücke sind. Satz 3 stellt zudem die Irrelevanz der Zielrichtung der Schaffung der Werke klar. Damit sind auch vorbestehende Werke in derartigen Bühnenintegrationen nicht kollektiv zu lizenzieren.

Das Landgericht Düsseldorf hat in ständiger Rechtsprechung abgegrenzt, ob lediglich eine Untermalung des Bühnenstücks durch Musik vorliegt oder die Dramaturgie von Sprache und musikalischer Einbindung zu einer Einheit verschmelzen. Es bejahte vorliegend nach Augenscheinnahme letzteres. Damit war der Weg zu einer GEMA-Lizenz abgeschnitten. Die Rechtsprechung folgt im Prinzip dem Grundgedanken des Bearbeitungscharakters bei Werkverbindungen. Je stärker Musik mit weiteren Werken, insbesondere Sprache, Choreographie und Visualität verschmolzen wird, desto eher rückt diese Verschmelzung an den Tatbestand der Bearbeitung oder Zweckentfremdung des Werkes. Da dies auch das Urheberpersönlichkeitsrecht tangiert, kann der Versuch einer kollektiven Lizenzierung keinen Erfolg haben.

Praxistipp: Beauftragen Sie eine professionelle urheberrechtliche Überprüfung musikalischer Einbindungen bei Bühnenaufführungen, um spätere Risiken einer Urheberverletzung mangels GEMA-Lizenz zu vermeiden.

Kontaktieren Sie uns zum Thema: “Urheberrechte bei Bühnenmusik”


ALBA PATERA