Aufhebungsverträge im arbeitsrechtlichen Trend

Arbeitsrecht

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“Du sollst dann mal weg! Ich bin dann mal weg!”
Warum Aufhebungsverträge eine gute arbeitsvertragliche Chance sind

Egal ob ein Stellenabbau vorliegt oder nicht: Wenn ein Arbeitgeber eine Veränderung im Unternehmen, welches den Restriktionen des Kündigungsschutzgesetzes unterliegt, durch Kündigungen herbeiführen will, steht immer die Frage im Raum, wie dies überhaupt zu bewerkstelligen ist. Wer die Hürde der dringenden betrieblichen Erforderlichkeit unter Berücksichtigung einer guten Sozialauswahl nimmt, hat nichts zu befürchten. Das Gesetz verpflichtet ihn dann nicht einmal, eine Abfindung an die gekündigten Mitarbeiter zu zahlen. Das deutsche Arbeitsrecht kennt keinen Abfindungszwang.

Doch die Hürden für den arbeitsrechtlich rundum sauber durchgeführten Stellenabbau liegen hoch und das Prozessrisiko ist unter Arbeitsrechtlern gut bekannt. Es kommt daher nicht von irgendwo her, dass weit über neunzig Prozent aller Kündigungsschutzklagen vor deutschen Arbeitsgerichten entweder vor, im oder kurz nach dem Gütetermin im Vergleich geeinigt werden.

Eine Möglichkeit für beide Parteien, Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen, diesen Stress zu umgehen, ist die Verhandlung eines einvernehmlichen Aufhebungsvertrages. In Zeiten, in denen auf dem Arbeitsmarkt das Wort Flexibilität oft größter geschrieben wird als Loyalität, erfreut sich die einvernehmliche Aufhebung zunehmender Beliebtheit.

Geht der Arbeitgeber mit einem Aufhebungsversuch auf den Arbeitnehmer zu, so darf er dabei einen Betriebsrat umgehen. Denn Betriebsräte sind zu Kündigungen anzuhören, nicht aber zu Überlegungen, die das Terrain einer freiwilligen Gestaltungsmöglichkeit mit dem Mitarbeiter ausloten. Natürlich muss der Arbeitgeber damit rechnen, dass einige Mitarbeiter sich ihrerseits entscheiden, den Betriebsrat zu Rate zu ziehen.

Enthält das Angebot hingegen eine attraktive Abfindung, so zeigt die Erfahrung, dass Arbeitnehmer die Offerte lieber für sich behalten. Niemand mag, dass sich im Unternehmen herumspricht, hier würde zugunsten Einzelner in die Kasse gegriffen. Arbeitnehmer fürchten oft, der Arbeitgeber könne sein Angebot zurückziehen, wenn es im Betrieb Schule macht.

Bei der Gestaltung von Aufhebungen gibt es indes Einiges zu beachten. Vor allem kann nach § 159 Absatz 1 Satz 1, Nr. 1 in Verbindung mit Satz 2 SGB III eine Sperrfrist für den Bezug von Arbeitslosengeld verhängt werden, wenn der Arbeitnehmer nicht in der Lage ist, den wichtigen Grund für die Lösung vom Beschäftigungsverhältnis nachzuweisen. Eine entsprechende Drucksituation des Arbeitgebers sollte also immer im Vertrag dokumentiert werden. Üblich sind Formulierungen, wonach die Aufhebung auf dringenden Vorschlag des Arbeitgebers und zur Vermeidung einer ansonsten unumgänglichen betriebsbedingten Kündigung erfolgt. Neuerdings gilt aufgrund einer fachlichen Weisung der Bundesagentur für Arbeit auch die drohende personenbedingte Kündigung als Rechtfertigung für ein “Ja” zur freiwilligen Aufhebung.

Wichtig ist zudem die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist, egal ob der Arbeitnehmer durch die Aufhebung freigestellt wird oder nicht. Endet durch den Deal das Arbeitsverhältnis vorzeitig, so drohen Sperrfristen, § 158 Absatz 1 SGB III.

Kann der Arbeitnehmer zudem nachweisen, durch den verlockenden Deal eine Abfindung von 0,5 Gehältern pro Betriebsjahrzugehörigkeit zu erhalten oder sogar etwas mehr, kann dies ein starkes Indiz dafür sein, dass die Kündigung eben nicht auf Eigenverschulden des Arbeitnehmers beruht, sondern er unverschuldet ein verlockendes Angebot angenommen hat, welches ihm bei der drohenden Kündigung wohlmöglich entgangen wäre.

Arbeitgeber sollten Aufhebungen stets so gestalten, dass nicht der Eindruck entsteht, der Arbeitnehmer sei hier unter Druck übervorteilt worden. Denn dann steht das Risiko der Anfechtung des Vertrages wegen allgemeiner Willenserklärungsmängel im Raum, §§ 119 ff BGB.

Um sich weiteren Haftungsrisiken nicht auszusetzen, muss der Arbeitgeber auch in einem Aufhebungsvertrag genau wie bei der Kündigung den Arbeitnehmer darauf hinweisen, dass dieser sich unverzüglich bei der Agentur melden muss, um Sperrfristen zu vermeiden.


Unser Praxistipp: Als Arbeitgeber sollten Sie mutig, aber fair auf Mitarbeiter mit Aufhebungsszenarien zugehen, wenn eine Personalveränderung gewünscht ist. Sind Kündigungen unvermeidbar, müssen diese unter Anhörung eines etwa vorhandenen Betriebsrates gut vorbereitet werden. Arbeitnehmern raten wir, vernünftige Aufhebungsangebote lieber anzunehmen, als sich in ungewisse Kündigungsschutzklagen hineinzubegeben. Dies gilt vor allem, wenn absehbar ist, dass das Arbeitsverhältnis keine persönliche Perspektive mehr bietet und eine Abfindung im Gütetermin voraussichtlich nicht höher ausfällt, als im Angebotspaket.          

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