ALBA PATERA Media Workshop zu digitalen Chancen des Printverlagsgeschäfts
Verlagsrecht / digitale Vermarktung
„Gutes zum Lesen am digitalen Zeitungsstand“
Wie im Internet auch in Zukunft die Kasse für Printverlage klingeln kann
Das Geschäft der Zeitungs- und Zeitschriftenverlage gerät angesichts sinkender Printlauflagen zunehmend unter Druck. Unser diesjähriges Herbsttreffen der ALBA PATERA Media Workshop Reihe Ende September widmete sich daher den Wachstumschancen digitaler Erlösquellen im Printbereich. Mit diesem Thema lagen wir im Trend, hatte doch Springer Vorstand Mathias Döpfner wenige Tage zuvor auf dem Zeitungskongress des BDZV für ein neues Selbstverständnis der Branche geworben: Der Verlegerbegriff wandele sich, von gedruckten Zeitungen hin zu digitalen und medienübergreifenden Angeboten.
Dass man freilich nicht unbedingt ein von US-amerikanischen Investoren gestützter Großkonzern sein muss, um mit smarten Ideen beim geneigten Leserkreis zu punkten, zeigte eindrucksvoll unser Gastredner, der Hamburger JUNIOR MEDIEN Verleger Jan Wickmann. Ergänzend zu seinen Sichtweisen hatten wir den Online-Vermarktungsspezialisten Lorenz Klammt, Geschäftsführer von CON CON Content Consulting, mit einem einführenden Impulsvortrag auf die Bühne geladen. Beide Panellisten gaben einem kleinen Kreis, zu dem sowohl in Hamburg ansässige internationale Großverlage, als auch Mittelständler und Berater der Printbranche zählten, interessante Einblicke in die Angebotsoptimierung des Onlinegeschäfts mit redaktionellem Content.
Der rege Austausch mit allen Teilnehmern, den wir bewusst völlig losgelöst von dem umstrittenen Leistungsschutzrecht der Presseverleger nach §§ 87f ff UrhG platziert hatten, führte dazu, dass sich zur weiteren Diskussion drei Hauptfelder wachsender Einnahmenquellen herauskristallisierten:
- Erstens und zuvorderst das Feld der Möglichkeiten, welches die digitale Technik als solche selbst bereithält. Hierzu zählen verbesserte Interaktionsmöglichkeiten mit dem Leser, die durch Monitoring und Tracking-Tools ermöglichte Verbesserung von Zielgruppenansprachen und auch die zeitliche Unmittelbarkeit und Direktheit der Leseransprache. In dieser Umgebung lassen sich vor allem der Verkauf von Zusatzprodukten, sowie der Anzeigenumsatz optimieren.
- Zweitens die schlichten Zeitungs- oder Zeitschriftenabonnements, wie sie auch aus der Welt des physischen Printabsatzes bekannt sind. Allerdings waren sich alle Teilnehmer einig, dass die sogenannte „harte Bezahlschranke“ nur bei sehr wenigen Blättern bisher zu echten Erfolgen geführt hat. Zu oft springt der Leser einfach ab, bevor er einzeichnet, zumal die über Suchmaschinen erreichbaren redaktionellen Angebote nach wie vor eine große Konkurrenz darstellen.
- Drittens, und zu diesem Bereich gab es eine unerwartet intensive Diskussion, das Zusammenfassen diverser Formate unter einem Dach und Preis. Aggregatoren wie „Readly“ und neuerdings auch „Apple News Plus“ machen es vor. Der digitale Lesezirkel scheint auf dem Vormarsch. Damit zeichnet sich ein Trend vergleichbar zum Musik- oder Video Streaming ab. Immerhin bekommt man bei Spotify, Deezer und Co. das Weltrepertoire und nicht nur einzelne Schallplatten zu monatlich zehn Euro. Und auch die Filmangebote wie bei Netflix oder Amazon Prime bieten diverse Genre mit recht brauchbarer Bestückung. Warum soll sich ein Zeitschriftenleser also nicht diverse Special Interest Blätter seiner Wahl zu einem monatlichen Abopreis zusammenstecken können?
Hier fürchten die einen allerdings unter einem gemeinsamen Dach die Verwässerung von Zeitschriftenmarken, die für eine bestimmte Qualität und Ausrichtung sprechen, die anderen schlichten Preisverfall. Doch auch die Musik- und Filmindustrie fürchtete einst den Verfall ihrer Produktpreise angesichts von „AYCE“-Modellen („All You Can Eat“). Heute sind die Produzenten glücklich über die Attraktivität dieser Absatzmodelle für viele Millionen Kunden. Einige Teilnehmer waren sich einig, dass es wünschenswert wäre, wenn sich die europäische Verlegerriege zusammenschließen würde, um nicht (wieder) US-amerikanischen IT-Unternehmen die Entwicklung einer entsprechenden Plattform zu überlassen.
Vielleicht wird der Königsweg für Verlage in Zukunft aus einer Mischung bestehen: Pauschalen für den Grundstock eines guten Zeitschriftenstraußes und Upselling dort, wo es deutlich mehr in die Tiefe geht. Amazon lebt dies in der Streaming-Distribution mit seinem Mischmodel von Prime-Pauschale und Upselling durch Verleih und Verkauf erfolgreich vor.
Einig waren sich alle Teilnehmer, dass viele in der Branche offener werden müssen für mutige Schritte bei der Überführung ihrer Blätter in die digitale Welt, obgleich dieses Appell sicher nicht für unsere bereits heute innovativen Gastredner gilt. Noch immer halten einige Häuser zu sehr am Papier fest. Ja, da geht noch was, aber wie lange noch und in welchen Auflagen? Wem droht der KODAK-Effekt?
Dass der in Medienkreisen bekannte New Yorker Großinvestor KKR (Kohlberg Kravis Roberts & Co.) nun bei Springer eingestiegen ist, mag ein weiteres Signal für die Branche sein. Natürlich kann Journalismus nur dort qualitativ hochwertig und unabhängig bleiben, wo gute Einnahmen erzielt werden. Dazu gibt es viele Ideen, jedoch fällt die Fokussierung in einem nach wie vor nicht gefestigten Markt naturgemäß schwer und neue Modelle wollen beim Leser erfolgreich platziert werden, damit Gewinne erzielt werden.
Am Beispiel JUNIOR MEDIEN konnte Verleger Wickmann demonstrieren, dass Mittelständler schneller und flexibler auf die Veränderungen des Marktes reagieren können, als es manch aufwendige Rücksprachekultur bei Großverlagen erlaubt. Die Herausforderung der gesamten Branche bleibt unterm Strich, mit angemessener Geschwindigkeit, auf die Veränderungen des Marktes zu reagieren und für den Leser und damit auch für den Werbemarkt weiterhin ein attraktives Medium zu bleiben. Grund genug für uns, zu gegebener Zeit ein Follow Up zu dem Thema dieses gelungenen Media Workshops zu veranstalten.
Praxistipp: Lesen Sie doch einfach mal wieder mehr und in Ruhe.
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